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Translationale Melanomforschung
„Noch vor fünf Jahren war die Diagnose schwarzer Hautkrebs quasi gleichbedeutend mit einem Todesurteil – und das innerhalb kürzester Zeit. Das hat sich glücklicherweise mit dem Jahr 2012 fast schlagartig geändert“, sagt Prof. Dr. med. Jochen Utikal. Im selben Jahr hat der Facharzt für Dermatologie die 1997 gegründete Klinische Kooperationseinheit (KKE) Dermato-Onkologie übernommen, die die klinische Forschung zu Krebserkrankungen der Haut an der Dermatologischen Klinik der UMM mit der Grundlagenforschung am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) unmittelbar verbindet.
Die seit damals erzielten Therapieerfolge will Professor Utikal, dessen Teams an DKFZ und UMM sich vornehmlich der translationalen Forschung zum malignen Melanom widmen, nicht für sich in Anspruch nehmen. Obwohl seine Forschung durchaus einen wichtigen Beitrag zum verbesserten „Outcome“ der Melanom-Patienten heute leistet. Der schwarze Hautkrebs, das maligne Melanom, ist einer der aggressivsten bösartigen Tumoren, nicht zuletzt weil einzelne Krebszellen häufig bereits in einem frühen Stadium in das Lymphsystem und andere Organe wie Lunge, Leber, Gehirn oder Knochen abwandern und dort Metastasen bilden.
Von der unspezifischen zur spezifischen Therapie
Häufig sind spezifische Mutationen in der Erbsubstanz verantwortlich für die Entstehung von Melanomen. Verschiedene molekulare Signalwege sowie aktivierte oder mutierte Gene wurden in Melanomen identifiziert. So weist etwa die Hälfte aller Melanom-Patienten eine Mutation im BRAF-Gen auf, die dazu führt, dass der MAP-Kinase-Signalweg in der Zelle aktiviert wird.
Aus dieser Kenntnis heraus sind in den vergangenen Jahren neue zielgerichtete Therapien entwickelt worden, die bestimmte Signale, die Krebszellen zu Wachstum und Metastasierung anregen, unterbinden. Diese Therapien ersetzen die bis 2012 übliche, eher unspezifische Chemotherapie mit mittleren Überlebensraten von nur sechs bis neun Monaten. Die neuen Therapien versprechen Patienten mit malignem Melanom heute immerhin ein Überleben von häufig vier Jahren und mehr.
Die KKE Dermato-Onkologie hat beachtlichen Anteil am Fortschritt der Therapie bösartiger Hauttumoren. So haben die Wissenschaftler am Mannheimer Klinikum in klinischen Studien am Patienten die Wirksamkeit einer Kombinationstherapie belegt, die heute Standard ist in der Versorgung von fortgeschrittenen Melanomen weltweit und bei etwa 50 Prozent der Melanome angewandt wird. Die Therapie kombiniert Inhibitoren gegen BRAF und MEK, einen wichtigen Faktor des MAP-Kinase-Signalwegs. Die Therapie schlägt vielfach sehr gut an. Allerdings entwickeln sich in der Folge häufig Resistenzen, die die Therapie auf lange Sicht unwirksam machen. Mitarbeiter der KKE Dermato-Onkologie erforschen die Mechanismen dieser Resistenzentwicklungen, um diese künftig umgehen zu können.
Grundlagenforschung und klinische Forschung in einer Hand
Die Klinische Kooperationseinheit sorgt dafür, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse eines führenden Krebsforschungszentrums wie des DKFZ tatsächlich den Melanom-Patienten zugutekommen – durch stetige Translation neuer Erkenntnisse in wirksame Behandlungskonzepte.
Insgesamt 36 Personen, vor allem Wissenschaftler, Ärzte und Graduierte, widmen sich im Rahmen der KKE Dermato-Onkologie der translationalen Melanomforschung und profitieren dabei von ihrem jeweiligen Umfeld: Die Grundlagenforscher profitieren von ihrer Integration in das DKFZ, einem weltweit führenden, auf die Krebsforschung spezialisierten Forschungsinstitut der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, an dem Onkologen unter hervorragenden Bedingungen die Mechanismen der verschiedenen Krebserkrankungen erforschen. Die klinischen Forscher profitieren vom Hauttumorzentrum am Universitätsklinikum Mannheim, einer der ersten von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifizierten Einrichtungen dieser Art. Es ist Kompetenzzentrum für die Prävention, Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachbehandlung aller Arten von Hauttumorerkrankungen und wird ebenfalls von Professor Utikal geleitet.
Die Teams in Heidelberg (DKFZ) und Mannheim (UMM) stehen quasi permanent in Verbindung, mittels moderner Kommunikationstechnologien und in Form von regelmäßigen Meetings und Vortragsveranstaltungen. Die KKE Dermato-Onkologie hat sich als eines der führenden Melanom-Zentren in Deutschland etabliert. Das neueste Wissen zur Krebsgenetik, hervorragende Ressourcen für Diagnostik und Staging und modernste Ansätze für die personalisierte Behandlung von Patienten mit der Diagnose Hautkrebs sind in dem Zentrum integriert. Mit der Entfristung der Klinischen Kooperationseinheit Dermato-Onkologie im März 2017 hat sich die erfolgreiche Verbindung verstetigt.
Investition in die Zukunft
Die Dermato-Onkologie in Mannheim denkt in die Zukunft – mit einem durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Graduiertenkolleg, das die Mechanismen des Hautkrebses erforscht. Das Graduiertenkolleg „Hallmarks of Skin Cancer“ (GRK 2099) ist ebenfalls an Universität und DKFZ aufgehängt. Dort erhalten die jungen Nachwuchswissenschaftler eine breite methodische Ausbildung in der Grundlagenforschung und einen umfassenden Überblick über die klinische Dermato- Onkologie, in Zusammenarbeit mit dem St. John’s Institute of Dermatology in London, einer der bekanntesten Forschungseinrichtungen der Dermatologie. Durch die Verknüpfung von Grundlagenforschung und kliniknaher Ausbildung nach dem Vorbild der KKE wird auch das Graduiertenkolleg seine Ziele bei der Entwicklung neuer Therapien beim Hautkrebs erreichen.
(Dieser Artikel stammt aus dem Jahresbericht 2016.)