Vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturwandels, der zunehmend durch die Digitalisierung und ein Streben nach Nachhaltigkeit geprägt ist, stellen die Life Sciences mit ihren Anwendungen für die künftige Patientenversorgung, für die Gesundheitswirtschaft und für neue Technologien einen bedeutenden Innovations- und Wachstumstreiber für das Land Baden- Württemberg und weit darüber hinaus dar. Mit der Gründung der
Heidelberg Mannheim Health and Life Science Alliance
kann sich das Land Baden-Württemberg an die Spitze dieser Entwicklung stellen, so die Überzeugung der Wissenschaftseinrichtungen und Universitätsklinika in der Rhein-Neckar-Region. Ziel ist die Bildung eines exzellenten Universitätsmedizin- und Life-Science-Zentrums, dessen Critical Comprehensiveness und gebündelte Expertise einen selbstverstärkenden Prozess anstoßen und mit der nötigen Dynamik versehen wird, um die Forschungsleistungen im Medizin- und Life-Science-Bereich auf ein globales Spitzenniveau zu heben. Zur Verwirklichung dieses Ziels soll für das Land Baden-Württemberg als Schrittmacher und Gravitationszentrum in der Rhein-Neckar-Region ein nationaler und europäischer Champion in den Lebenswissenschaften geschaffen werden, der großräumig eine Gesundheitsversorgung auf Spitzenniveau sichert und gleichzeitig ein starkes Innovationsökosystem für die Gesundheitswirtschaft der Zukunft etabliert.
Die Region verfügt mit der Exzellenz-Universität Heidelberg, ihren beiden Medizinischen Fakultäten und den herausragenden nationalen und internationalen Forschungszentren wie dem DKFZ, dem EMBL, dem Max-Planck-Institut für medizinische Forschung und dem ZI über ein einzigartiges Forschungsund Entwicklungsnetzwerk für die Medizin und die Gesundheitswirtschaft mit internationaler Strahlkraft. Es ist eingebettet in ein urbanes Umfeld und eine herausragende Wirtschaftsstruktur, deren Kern aus Großunternehmen und aus einem dichten Bestand von kleinen und mittleren Unternehmen im Bereich Life Sciences, Medizintechnik und Digitalisierung gebildet wird.
Dieses Innovationsökosystem soll vor dem Hintergrund der hochdynamischen medizinischen Entwicklungen weiterentwickelt werden, um nicht nur national erfolgreich zu konkurrieren, sondern auch in Europa und weltweit zusätzlich an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen. Zu diesem Zweck wollen die in Heidelberg und Mannheim angesiedelten universitätsmedizinischen und lebenswissenschaftlichen Einrichtungen der Universität Heidelberg ihre Kräfte mit denen des DFKZ, des EMBL, des MPI für medizinische Forschung sowie des ZI in einer neuen starken Forschungsallianz bündeln. Gemeinsam haben diese Einrichtungen auf Bitten des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst seit dem 13. Juli 2020 ein strategisches Konzept erarbeitet, das sie nunmehr den politischen Entscheidungsträgern des Landes Baden-Württemberg vorlegen. Die Wissenschaftseinrichtungen schlagen der Landesregierung vor:
1. Das Universitätsklinikum Mannheim soll von der Trägerschaft durch die Stadt Mannheim in die Trägerschaft des Landes Baden-Württemberg wechseln.
2. Zugleich sollen die beiden Universitätskliniken, die bereits eng mit der Universität Heidelberg verbunden sind, zu einer vereinten Universitätsmedizin Heidelberg mit einem Campus Mannheim und einem Campus Heidelberg zusammengeführt werden.
3. Bereits jetzt sind die beiden Medizinischen Fakultäten an den Standorten Heidelberg und Mannheim integraler Bestandteil der Universität Heidelberg. Nach einer Übergangszeit sollen sie zu einer Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg zusammengeführt werden.
4. Unter Einbezug der universitätsmedizinischen Einrichtungen soll die Heidelberg Mannheim Health and Life Science Alliance geschaffen werden. Sie soll eine rechtliche Struktur erhalten und neue gemeinsame Initiativen der universitären Einrichtungen und der vier außeruniversitären lebenswissenschaftlichen Institutionen (DKFZ, EMBL, MPI-mF, ZI) gestalten. Ziel ist es, jenen Mehrwert zu generieren, der nur im Zusammenspiel erreichbar ist. Dies würde gemeinsame Spitzenberufungen von WissenschaftlerInnen ermöglichen, durch Plattformen und Programme bestehende Exzellenzbereiche stärken, den wissenschaftlichen Nachwuchs durch institutionenübergreifende Programme in Lehre und Forschung fördern und neue Themen identifizieren, die mittelfristig zu Exzellenzbereichen ausgebaut werden können.
5. Um die Translation von Forschungsergebnissen in die erstklassige Gesundheitsversorgung zu beschleunigen und um den Transfer von Erkenntnissen in technische Anwendungen durch Wirtschaft und Industrie zu intensivieren, ist die Allianz als inhaltlich offene Struktur gedacht, die weitere wissenschaftliche Einrichtungen und Unternehmen unterschiedlicher Größe und Ausrichtung projektbezogen zusammenführt. Sie wird damit weit über den engeren lebenswissenschaftlichen Kernbereich hinausreichen.
Eng eingebunden werden sollen bereits bestehende Kooperationsstrukturen wie die Molecular Medicine Partnership Unit (MMPU) zwischen EMBL und Universität Heidelberg und das gemeinsam von DKFZ und der Universitätsmedizin in Heidelberg betriebene Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT). Zudem schafft die Stadt Mannheim bereits Infrastrukturen, um mit dem Mannheim Medical Technology Campus (MMT) mit Medizin und Lebenswissenschaften als Technologietreiber Innovationen anzustoßen und die neue Leitindustrie der Zukunft zu befördern. Weitere Kooperationen vor allem mit dem industriellen Umfeld werden beispielsweise von BioRN e.V. oder dem Verein Metropolregion Rhein-Neckar e.V. unterstützt. Diese Initiativen stehen im Einklang mit dem Ausbau des Molecular Systems Engineering und des Wissenschaftlichen Rechnens (HeiCOMACS-Zentrum) an der Universität Heidelberg. Neben dem Ausbau der Forschung hat die Allianz das Ziel, die Verwertung der Grundlagenforschung bis hin zur klinischen Anwendung und zur industriellen technischen Anwendung auf engstem Raum abzubilden und international zu vernetzen.
Die Wissenschaftseinrichtungen der Rhein-Neckar-Region wenden sich mit diesem Konzept an die Landesregierung und das baden-württembergische Parlament, weil sie gemeinsam der Überzeugung sind, dass die herausragenden Potenziale der lebenswissenschaftlichen Forschungseinrichtungen und der Gesundheitsversorgung der Region mit der Zusammenführung der unterschiedlichen Aktivitäten sowie der Intensivierung der Zusammenarbeit den entscheidenden Innovationsschub auslösen können, um eine neue Leitindustrie im Land zu begründen. Interne wie externe Experten sehen außergewöhnliche Chancen und Nutzen für das Land Baden-Württemberg, hier Gesundheitsversorgung, Forschung, Lehre und Transfer auf höchstem Niveau aktiv begleitend weiterzuentwickeln, um für die Menschen weit über die Region hinaus ein dauerhaftes wirtschaftliches Betätigungsfeld in einem Innovationsbereich von globaler Bedeutung zu bieten. Damit werden jene wissenschafts- und wirtschaftspolitischen Handlungsmöglichkeiten gesichert, die notwendig sind, künftige politische Weichenstellungen im Land, im Bund und in Europa mitzugestalten.