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Die Darstellung akuter und chronischer Parenchymveränderungen mittels der Magnetresonanztomographie (MRT) hat für die Diagnosestellung und Therapiebegleitung einen festen Stellenwert in der Betreuung von MS Patienten. Neue entzündliche Erkrankungsaktivität ist durch eine erhöhte Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke gekennzeichnet. Mit Hilfe von T1-gewichteten Sequenzen nach Kontrastmittelgabe (KM) werden neu entstehende fokale akut-entzündliche Gewebeveränderungen als KM-anreichernde Läsionen dargestellt. Demgegenüber repräsentieren T2-hyperintense Läsionen ein breiteres Spektrum an pathologischen Veränderungen (unter anderem Ödembildung, Demyelinisierung, axonalen Verlust). Somit erlauben konventionelle MRT-Techniken den Nachweis der Dynamik der Läsionsentwicklung und insbesondere auch der Zunahme klinisch-stummer Läsionen.
Eine neuere Methode der Darstellung von akuten Gewebeveränderungen ist die diffusionsgewichtete-MRT (DWI), die in der frühesten Phase der Läsionsentwicklung schon eine reduzierte Wassermolekülmobilität in MS Läsionen zeigen kann. Wie wir zeigen konnten, stellt eine transiente Einschränkung der Diffusion in akuten Läsionen eine kurze und sehr frühe Phase der Läsionsentwicklung dar, bevor es parallel zur Ausbildung eines vasogenen Ödems und der Permeabilitätsänderung der Blut-Hirn-Schranke zur Ausbildung eines erhöhten Diffusionskoeffizienten kommt (Abbildung 1).
Abbildung 1: Multiparametrische MRT-Bildgebung einer 45-jährigen MS Patientin während der ersten 14 Tage eines akuten Schubes. In der initialen Untersuchung zeigt sich eine hyperakute Läsion links fronto-parietal mit reduzierter Diffusion, fehlender Kontrastmittelaufnahme und lediglich diskretem FLAIR-Korrelat. In den Verlaufsuntersuchungen kommt es parallel zur Ausbildung eines vasogenen Ödems und der Permeabilitätsänderung der Blut-Hirn-Schranke zur Ausbildung eines erhöhten Diffusionskoeffizienten. Aus: Eisele et al. Reduced diffusion in a subset of acute MS lesions: a serial multiparametric MRI study. AJNR Am J Neuroradiol. 2012 Aug;33(7):1369-73.
Die reduzierte Diffusion in MS Läsionen beschreibt zunächst lediglich eine reduzierte Wassermolekülmobilität und kann mit einer relativen Gewebeintegrität einhergehen. Hierbei ist die akute Beeinträchtigung der mitochondrialen Funktion und des Energiestoffwechsels die Ursache für das Versagen der energieabhängigen Pumpensysteme was zu einem Anschwellen der Zellen und der verringerten Wassermolekülmobilität führt. Bei der akuten cerebralen Ischämie sind in der Frühphase diffusionsreduzierte Gewebeanteile (ohne deutliche T2-Hyperintensität) ein gut untersuchtes Phänomen und diese Gewebebereiche sind die Zielstrukturen für rekanalisierende Therapieversuche, um eine permanente Gewebeschädigung und klinische Defizite zu verhindern bzw. zu limitieren. Im günstigsten Fall besteht eine komplette Reversibilität der reduzierten Diffusion ohne permanenten Gewebeschaden. Die Störung des Energiestoffwechsels und die akute Mitochondrienfunktionsstörung bei der MS wird anders als bei der cerebralen Ischämie durch das aggressive entzündliche Milieu (proinflammatorische Zytokine wie TNF-alpha und Stickstoffmonoxid (NO)) verursacht. Diese Hypothese wird durch eine zweite Studie von uns unterstützt, in der wir zeigen konnten, dass hyperakute Läsionen mit reduzierter Diffusion mit einer signifikanten Pleozytose im Liquor assoziiert waren, während akute Läsionen mit bereits vorhandener Kontrastmittelaufnahme und vasogenem Ödem (ohne reduzierte Diffusion) eine normale Zellzahl im Liquor aufwiesen (Abbildung 2).
Abbildung 2: Während hyperakute Läsionen mit reduzierter Diffusion eine erhöhte Zellzahl im Liquor aufweisen, lässt sich dieses Phänomen bei akut-kontrastmittelaufnehmenden Läsionen mit pseudonormalem oder erhöhtem ADC-Wert nicht nachweisen. Modifiziert von: Eisele et al. Cerebrospinal fluid pleocytosis in multiple sclerosis patients with lesions showing reduced diffusion. Mult Scler. 2014 Sep;20(10):1391-5.
Kontextspalte
Prof. Dr. med. Achim Gass
Professur für Neurologische Bildgebung
Prof. Dr. med. Kristina Szabo
Leitende Oberärztin
Prof. Dr. med. Philipp Eisele
Oberarzt