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Morbus Hirschsprung

Morbus Hirschsprung ist das angeborene Fehlen von Nervenzellen in der Darmwand und tritt in 1: 4000 Geburten auf. Dabei sind Jungen häufiger betroffen als Mädchen. Die Nervenzellen sind verantwortlich für die Steuerung der Darmbewegungen. Wenn diese fehlen oder unzureichend ausgeprägt sind, ist die Darmfunktion eingeschränkt und es kommt zu Problemen bei der Verdauung und dem Stuhlgang. Der betroffene Darmabschnitt (in dem die Nervenzellen fehlen) kann sich nicht entspannen und bleibt zu eng. Die Ausprägung kann unterschiedlich sein, wobei immer der Enddarm betroffen ist. In seltenen Fällen ist der gesamte Dickdarm (= Zuelzer-Wilson-Syndrom), oder noch viel seltener der gesamte Darmtrakt, betroffen.

Die Symptome oder Beschwerden sind von Kind zu Kind unterschiedlich. Typische Anzeichen sind jedoch:

  • Deutlich verzögerter Abgang von „Kindspech” (erster Stuhlgang nach Geburt), auch Mekonium genannt, nach über 24-48 Stunden
  • Verstopfung (Obstipation) und Schwierigkeiten beim Stuhlgang bereits im ersten Lebensjahr
  • Aufgeblähter Bauch
  • Gedeihstörung
  • Im schlimmsten Fall sind die Beschwerden so ausgeprägt, dass es zu einem Darmverschluss (toxisches Megacolon) mit Entzündung im Bauchraum kommen kann.

Diagnostik

Wenn die Beschwerden bei Ihrem Kind auf einen Morbus Hirschsprung hinweisen, werden wir zunächst ausführlich über die Vorgeschichte Ihres Kindes sprechen. Darauf erfolgt eine klinische Untersuchung. Wenn bei einer Verstopfung anhaltend stuhlregulierende Maßnahmen (mittels Macrogol-Präparaten, Zäpfchen oder Einläufen) erforderlich ist, weist ein enger Analkanal mit explosionsartiger Entleerung von Gas und schlecht riechendem dünnflüssigen Stuhl auf einen Morbus Hirschsprung hin. Es sind zusätzliche Untersuchungen nötig, um die Diagnose sicher zu stellen oder auszuschließen:

  • Die Ultraschalluntersuchung des Bauches ist eine einfache und relativ zügig Untersuchung, bei der man den Durchmesser und den Füllzustand des Enddarms nachweisen kann.
  • Bei einem sogenannten „Kolon-Kontrasteinlauf" wird Kontrastmittel über den After in den Dickdarm geleitet und Röntgenaufnahmen vom Bauchraum durchgeführt. Hier kann sich eine mögliche Engstelle und eine starke Erweiterung der davorliegenden Darmanteilen darstellen. Bei Neugeborenen kann diese Untersuchung vor allem bei sehr kurzen Segment (ultra short Morbus Hirschsprung) falsch unauffällig sein.
  • Um die Diagnose sicher zu bestätigen oder auszuschließen, ist bei Verdacht auf Morbus Hirschsprung eine Gewebeentnahme aus der Darmschleimhaut in Narkose notwendig. Dies ist der Goldstandard. In der Regel entnimmt man die Gewebeproben von rektal aus dem After. Bei Hinweisen auf einen sehr langstreckigen Darmabschnitt, der betroffen sein könnte, erfolgen ggf. zusätzliche Probeentnahmen (Mapping) mittels Bauchspiegelung (Laparoskopie). Die Gewebeproben werden auf das Vorhandensein von Nervenzellen geprüft.

Unser Behandlungskonzept

Die Behandlung eines Morbus Hirschsprung erfordert eine Operation, die in den meisten Fällen geplant erfolgen kann. Abhängig vom Gesundheitszustand des Neugeborenen kann zunächst durch regelmäßige Darmspülungen eine ausreichende Stuhlentleerung bis zur geplanten Operation gewährleistet werden. Hierbei zeigen wir Ihnen als Eltern wie Sie die regemäßigen Spülungen durchführen sollten. In manchen Fällen ist die vorübergehende Anlage eines künstlichen Darmausgangs notwendig, bis die Korrekturoperation meist im Alter von 6-12 Wochen durchgeführt wird. Ziel der Operation ist die Entfernung des betroffenen Darmanteils, in dem die Nervenzellen fehlen. Darauf wird der funktionsfähige Darm mit dem verbleibenden Enddarm verbunden (Durchzugsoperation). Die Operation erfolgt meistens mittels Schlüssellochtechnik (laparoskopisch) oder bei sehr kurzen Strecken vom Anus aus (transanal). Bei der Durchzugsoperation wird im Bereich des Analkanals und Schließmuskel operiert und es wird darauf geachtet, den Schließmuskel und die Sensibilität während des Eingriffes nicht zu verletzen, um die Kontinenz des Kindes zu erhalten.

Nachbehandlung

Zu den langfristigen Herausforderungen, die nach dem Eingriff auftreten könnten, gehören eine Enge der Narbe, Verstopfung, und Gedeih-/Ernährungsschwierigkeiten. Deshalb sollten Kinder mit Morbus Hirschsprung in einem Zentrum behandelt werden, da eine umfangreiche operative Erfahrung und Langzeitbetreuung im interdisziplinären Team bis ins Erwachsenalter entscheidend sind. Außerdem ist es uns wichtig auf die Initiative SoMA e.V. – ein Zusammenschluss von Eltern und Betroffenen- als gute Informationsquelle, Ansprechpartner, Begleiter und Berater zu verweisen.

Wir bieten eine Langzeitbetreuung für Kinder mit Morbus Hirschsprung bis in das Erwachsenenalter an. Dabei wollen wir sowohl ein optimales funktionelles Ergebnis als auch die bestmöglichste Lebensqualität für die Patienten und ihre Familien erzielen. Es soll eine langfristige Betreuung gewährleistet sein und mögliche Probleme (häufig Verstopfung oder Durchfälle) nach der Operation frühzeitig erkannt und behandelt werden. Unser Team aus Kinderchirurg*innen, Kinderurolog*innen, Urotherapeut*innen und einem Physician Assistant mit Schwerpunkt Darmmanagement/Stuhlkontinenz begleitet Ihr Kind und Sie auf diesem Weg.

Das erste Mal nach dem Eingriff werden wir Ihr Kind und Sie in unserer Spezialsprechstunde für kolorektale Erkrankungen sehen. Sollten sich klinische Hinweise auf eine Engstelle (Narbe) im Bereich der Darmnaht (Anastomose) ergeben, so ist eine Dehnung dieser Engstelle (Bougierung) notwendig. Dies erfolgt behutsam und schrittweise mit runden Metallstiften (Hegar-Stifte), die mit Gleitmittel benetzt, in den After eingeführt werden. Meistens muss dies nur wenige Male durchgeführt werden. In wenigen Fällen muss der After durch das wiederholte Einführen eines Metallstabs (Hegar-Stift) ausreichend weit gehalten werden.

Wenn im Verlauf (v.a. Jugendliche und Erwachsene) Probleme in Bereichen der Urologie (Harninkontinenz, erektile Dysfunktion), Gynäkologie (Dyspareunie, Hydrometrocolpos), oder Proktologie (Prolaps, Hämorrhoiden) auftreten, stehen wir in engem Kontakt mit den benannten Fachdisziplinen aus der Erwachsenenmedizin. Wir beurteilen dann gemeinsam die Notwendigkeit weiterer Diagnostik oder operativer Verfahren und führen diese auch gemeinsam durch.

Im Rahmend er Transition in die Erwachsenenmedizin sind wir gut mit Spezialisten vernetzt, die sich mit den angeborenen Fehlbildungen auskennen.

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